Reisen in Indien – Unsere Tipps für Backpacker


Indien ist riesig, Indien ist voll, Indien ist laut und definitiv nicht überall schön und malerisch. Aber Reisen in Indien ist aufregend, gerade auf einem Backpacker-Budget. Unsere Reisetipps fürs Backpacken in Indien.

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12. November – 2. Dezember 2011, 27. Dezember 2011 – 23. Januar 2012

Einen krasseren Indien-Einstieg hätte es kaum geben können. Vom beschaulichen, ruhigen Neuseeland (nur 4 Millionen Einwohner insgesamt) ging es für uns ins hektische, staubige, chaotische Delhi (13 Millionen geschätzt). Wir waren beide schon in vielen Ländern auf dieser Welt, doch in Indien setzte es den ersten Kulturschock unseres Lebens. Kein Wunder, es gibt einfach sooooo viele Menschen (1,2 Milliarden – Tendenz steigend!) und die müssen schließlich irgendwo bleiben. Indien ist anders – das lernen wir schnell. Da laufen Kühe, Affen und Schweine durch die Großstädte, da kommt Mutti ausm Haus und scheißt einfach auf die Straße, da fährt unser Bus einfach kontinuierlich auf der Landstraße auf der rechten (Linksverkehr!) Fahrbahn, da liegt überall Müll rum und es stinkt.

Indien – Unterschiede zwischen Norden und Süden

Die ersten Wochen auf dem Subkontinent waren für uns alles andere als entspannend und einfach. Jeder Tag auf Backpackerniveau barg neue Herausforderungen, neue „Kämpfe“ und brachte uns manchmal an den Rand der Verzweiflung. Geklappt hat alles trotzdem irgendwie. Wer ein bisschen mehr Geld in der Urlaubskasse hat, sollte sich in Rajasthan auf jeden Fall einen Fahrer nehmen. Die Preise sind durchaus erschwinglich und sparen wahrscheinlich allerhand Nerven. Nach den ersten drei Wochen sind wir regelrecht nach Nepal geflüchtet und waren uns nicht sicher, ob wir noch in den Süden wollen. Wir haben es „gewagt“ und waren total begeistert. Das Land ist gigantisch groß und in jeder Region unterschiedlich. Die Menschen im Süden waren viel offener und herzlicher als im Norden, das Reisen einfacher, die Städte manchmal ein bisschen kleiner. An den Stränden, in den Tee-Bergen und auf den Gewässern Keralas war Indien endlich schön, nicht nur staubig, dreckig und laut.

Was bedeutet das Kopfwackeln der Inder?

Man sollte erstmal nicht glauben, was einem erzählt wird. Uns wollte kein Tuktuk-Fahrer zum Red Fort in Delhi fahren, stattdessen sind wir immer wieder zu einem falschen Touribüro gebracht worden, damit wir dort eine Tour buchen. Englisch konnte dann auf einmal auch niemand mehr. Übrigens keine Seltenheit. Auch wenn viele Menschen Englisch sprechen, waren wir oft „Lost in Translation“ und niemand in Sicht, der uns irgendwie helfen konnte. Auf Touren konnten die „Guides“ oft nur auf Teeplantagen zeigen und „Tea!“ sagen. Bei Nachfragen wurde dann nur gelächelt, „Yes, yes“ gesagt und mit dem Kopf gewackelt. Diese Geste fällt an jeder Ecke Indiens auf und kann alles zwischen „Ja!“, „Vielleicht!?“, „Wenn’s sein muss!“ und wohl auch „Eigentlich nicht, aber okay!“ bedeuten.

Indien Taj MahalGenerell wird man (nicht nur Frauen, sondern auch Männer) überall und immer angestarrt, wer das nicht abkann, hat in Indien als Whitie nix verloren. An vielen Sehenswürdigkeiten wie den Forts oder dem Taj Mahal waren wir die Attraktion und mussten mit aufs Familienfoto. Wer weiß, an wie vielen Wänden wir bald hängen und in welchen Facebook-Alben wir auftauchen. Die meisten Begegnungen sind sehr herzlich und neugierig. Wir haben stundenlang Kinder bespaßt, uns mit Leuten unterhalten, wurden spontan zum indischen Picknick eingeladen. Allerdings wurden wir – meistens von Horden junger Männer – auch oft heimlich fotografiert und gefilmt. Wir haben alleinreisende Frauen gesehen, die am Strand aufgeschreckt sind, weil ihr jemand ein Handy vors Gesicht und Bikini gehalten hat. Und Männer, die sich im Gebüsch verstecken, während sie Mädels, die arglos und völlig bekleidet auf einer Parkbank sitzen, beobachten und dabei fröhlich… – wir wollen nicht ins Detail gehen.

Außerdem haben wir uns eine neue „Identität“ zugelegt. Kommt man aus Deutschland, denken viele Inder an die Gelddruckmaschine, die man im Keller stehen hat (schön wär’s!). „Ahhh, Germany beautiful country“ ist der Standardsatz, den wir nach wenigen Tagen und unzähligen Versuchen, uns Stoffe, Teppiche und sonstige Souvenirs anzudrehen, nicht mehr hören konnten. Stattdessen stammen wir aus Luxemburg, das kennt kaum jemand, und das Gespräch ist schnell beendet bzw. hinterlässt viele Fragezeichen im Gesicht. Außerdem sind wir natürlich verheiratet und haben keinen Job, waren schon oft in Indien und fliegen komischerweise immer am nächsten Tag nach Hause. Sonst wird einem wieder etwas anzudrehen versucht. Verständlicherweise waren wir nicht die einzigen Reisenden mit doppelter Staatsbürgerschaft. Sehr lustig, dass auf einmal so viele Ukrainer oder Letten durchs Land reisen. Uns ist es leider auch passiert, dass wir Leuten unterstellt haben, dubiose Verkäufer zu sein, obwohl sie eigentlich nur Englisch reden und sich über Stärken und Schwächen des deutschen Cricket-Nationalteams (haben wir eins?) auf dem Laufenden halten wollen. Nach Neuseeland und der Rugby-Verrücktheit dreht sich nämlich in Indien alles, aber wirklich ALLES um Cricket.

Preise in Indien

Preislich ist Indien immer noch günstig, aber sicherlich kein Vergleich zu früher. Als Backpacker, der nicht auf jeden Cent achtet, Sightseeing macht und Tuktuk fährt, kommt man aber mit 15 bis 20 Euro am Tag locker aus. Die meisten Diskussionen hatten wir mit Taxi- und Tuktuk-Fahrern. Dass Touristen mehr bezahlen müssen als Inder, gut, aber nicht 1000 Prozent. Ist Handeln am Anfang noch interessant, nervt es irgendwann, weil man sich eh nicht preislich annähern kann. In den letzten Wochen haben wir oft unsere Preisvorstellungen genannt, vor allem, als wir mit Pip und Duncan zu viert gereist sind. Hat meistens geklappt. Ansonsten einfach Rucksäcke schnappen und erstmal ein bisschen laufen. Bei der Anzahl an Tuktuks in Indien kommt einem nach ein paar Metern immer jemand hinterhergefahren und akzeptiert den vorgeschlagenen Preis (der immer noch viel höher ist als das, was Einheimische zahlen würden). Eigentlich fällt den Indern das Nein-Sagen nämlich schwer. Während man bei uns schnell und direkt nein sagt, ist diese abrupte Ablehnung nicht verbreitet. Oft haben wir Essen bestellt oder Trips gebucht und zehn Minuten später kam jemand und sagte: „Das haben wir nicht“ oder „Der Trip findet gar nicht statt“. Das wussten sie wahrscheinlich schon bei der Bestellung…

Ohne Zugfahrt ist man nicht in Indien gewesen – ein unvergessliches Erlebnis, vor allem in der Second Class. Der Zug von Delhi nach Agra war so überfüllt, dass wir kaum rein- geschweige denn rauskamen. Außerdem saßen 10 Leute auf unseren beiden Plätzen, die man mehr oder minder freundlich wegscheuchen (die Hartnäckigen eher wegheben) musste. An den größeren Bahnhöfen gab es immer Tourist Quota Windows, an denen man auch am selben Tag Tickets für volle Züge kaufen konnte. Wir haben aber gehört, dass sich das in Zukunft ändern kann. Wer seinen genauen Reiseplan kennt und auf Nummer Sicher gehen möchte, kann sich alles bequem selbst bei cleartrip buchen. Ganz einfach und klappt wunderbar. Ein Traum sind auch die ständigen Verspätungen der Züge, die immer mit der netten Aussage „The inconvenience caused is deeply regretted“ begleitet werden.

Neben der General Class haben wir noch den Chaircar (CC) ausprobiert, etwas teurer, aber bequemer und leerer. Bei zwei Nachtfahrten haben wir 3AC gebucht und wie in Hostel-Dorms in Hochbetten im 6+2er Abteil geschlafen, Decken und Kopfkissen inklusive. Der Preis ist gut: 18 Stunden Delhi-Varanasi (es geht auch schneller, war nur nichts mehr frei) 800 R/Person (=12 Euro). Leider sind viele beliebte Strecken über Monate hinweg ausgebucht, so dass wir auf Busse ausweichen mussten. Die staatlichen sind einfach und unbequem, die privaten etwas besser, aber kein Vergleich zu Südamerika. Es gibt keine Toilette, Stopps sind eher willkürlich und die Busse überfüllt. Dafür kosten sie wenig (im Süden bedeutend mehr). In manchen Bussen hatten wir Double Sleeper, das ist dann eine Doppelliege mit eigener „Kabine“, so dass man ganz gut schlafen kann. Bei weiten Strecken lohnt es sich zu fliegen. Wir können IndiGo empfehlen, haben aber auch Gutes über Spice Jet und Jet Airlines gehört. Kingfisher streikt seit Monaten immer mal wieder und gut 60 Prozent der Flüge werden gestrichen. Wir haben viele Leute getroffen, die erst am Abflugtag davon erfahren haben und somit festsaßen.

Neidisch haben wir oft auf die Mini-Rucksäcke anderer Backpacker geschaut, die mit 35 oder 40 Litern herumreisen. Im schwülen Kerala und warmen Goa verständlich (auch wenn Vera auch dort abends in der Fleecejacke saß), im nördlichen Teil des Subkontinentes braucht man doch auch oft wärmere Kleidung. Dünne, leichte Baumwollkleidung kann an jeder Ecke zu guten Preisen gekauft werden. Vera ist vor allem im Norden immer bedeckt herumgelaufen. In vielen der günstigeren Guesthouses gab es keine Decken oder nur welche, die wir unter keinen Umständen benutzen wollten. Auch ist oft nicht mit Sicherheit zu sagen, wann die Laken das letzte Mal gewechselt wurden. Wir haben einfach auf unserer Flugzeugdecke und den Sarongs geschlafen.

Die typische Reisekrankheit (Durchfall, Erbrechen, Fieber) hat uns natürlich auch ereilt, danach war aber auch für die restliche Zeit gut. Henning hat sich beim Zähneputzen Giardia, das Wasservirus, eingefangen. Medikamente gibt es an jeder Ecke, kosten nur ein paar Cent und hatten eine schnelle Wirkung.

Indien – Traum für Vegetarier

Für Vegetarier wie uns ist Indien ein Traum. Palak Paneer (Spinat mit frittiertem Frischkäse), Aloo Gobi (Kartoffel-Blumenkohl-Curry), Veggie Curry, Paneer Butter Masala (scharfes Curry mit Käse) und Naanbrot haben wir uns in sieben Wochen nicht leid gegessen. Zum Frühstück gab es Paranthas (eine Art Pfannkuchen) mit Pickles und Joghurt und dazu immer reichlich und überall und literweise Masala Chai Tee. Oft kostet das Nationalgetränk nur ein paar Cent und schmeckt genial. Gegessen haben wir meistens in Restaurants, aber auch an Straßenständen und im Zug. Alkoholische Getränke waren im Norden und in Kerala oft schwer zu bekommen und wenn recht teuer im Vergleich zur Mahlzeit. Im Partystaat Goa waren die Preise dann akzeptabler.

Goa – die Hippie-Ära ist (fast überall) zu Ende

Von Hippie-Kommunen und endlosen Trance-Partys ist im kleinster der indischen Staaten nicht mehr viel zu sehen. Familien und Package-Touristen (vor allem aus Russland) haben die Herrschaft über legendäre Orte wie Arambol und Anjuna übernommen. Die einzige Hippie-Siedlung, die wir gesehen haben, war am Freedom Strand in Gokarna, der nur zu Fuß zu erreichen ist. Fernab von Bambushütten und fließendem Wasser haben ein paar Leute Zelte aufgeschlagen und leben von Kokosnüssen, Fischen und Drogen.

In den sieben Wochen in Indien haben wir viel erlebt und doch nur einen Bruchteil des riesigen Landes gesehen. Würden wir wiederkommen? Ja! Und nicht nur wegen des tollen Abschied aus diesem Wahnsinnsland, den uns unsere Bekannten Sabine und Anil in Mumbai beschert haben. So oft man hin- und hergerissen ist zwischen Lieben und Hassen, zwischen Freude und Leid, zwischen Armut und Reichtum – irgendwie lässt es einen dieses Indien doch nicht mehr los.