Adrenalinkick in Pucon: einen aktiven Vulkan besteigen und dann herunterrutschen


Nervenkitzel in Pucon, Chile: Erst besteigen wir den vereisten Vulkan Villarrica und dann rutschen wir auf dem Arsch Vollgas wieder runter, als Bremse fungieren Eispickel! Zum Chillen gehen wir in die heißen Quellen Termas Los Pozones.

Volcanoes Melt You Down
PUCON, Chile // 19. – 22. März 2011

Gemeinsam mit Fiona und Michael (Ami mit GB-Wohnsitz) geht’s frühmorgens über die Grenze nach Chile, diesmal nimmt man uns dank eines überaufmerksamen Spürhundes die Käsesandwiches ab, die Reste des Kartoffel-Käse-Gemüse-Auflaufs vom Vorabend dürfen wir behalten. Versteh einer die chilenischen Einreisebestimmungen. In Osorno verbringen wir die dreieinhalb Stunden bis zu unserem Anschlussbus mit längst überfälligen Sonnenbrillenkäufen. Sowohl Hennings als auch Michaels Gestell werden seit mehreren Wochen von Gaffa zusammengehalten.

In Pucon werden wir von unserer Hostelmama Valentina am Busbahnhof abgeholt. Wir bilden uns nichts darauf ein, vor ihrer offiziellen Herbergskarriere schleppte sie die ankommenden Backpacker einfach in ihre private Bleibe. Unsere kostengünstige Unterkunft im Emalafquen entpuppt sich als eines von drei Doppelzimmern im Nebenhaus des Hostels. Mit unseren Mitbewohnern Lisa & Reto aus Bern sowie den Franzosen Julie & Nicolas  verstehen wir uns auf Anhieb. Auf dem Rückweg vom Supermercado entdecken wir Fiona & Michael in einer Tour Agency, wie sie die Ausrüstung für die Besteigung des Villarrica, eines aktiven Vulkans, am nächsten Tag anprobieren. Da das Wetter in Pucon in den darauffolgenden Tagen mehr als bescheiden werden soll, schließen wir uns kurzerhand an.

Pucon Villarrica Vulkan

Am nächsten Morgen heißt es statt ausschlafen um 6 Uhr aufstehen, als wir um Punkt 7 gerade mit unserem Equipment beschäftigt sind, geht das Licht aus. Anstatt eines kurzen Stromausfalls handelt es sich um groß angelegte Bauarbeiten, so dass die ganze Region rund um Pucon für die nächsten sechs Stunden ohne Saft ist.

Für unsere Vulkantour bedeutet das: Der erste, anstrengende und unattraktive Teil des Weges wird nicht mit dem Sessellift sondern per pedes erledigt. Doch trekkingerprobt wie wir mittlerweile sind – kein Problem! Die Aussicht ist schon beim ersten Stop einzigartig: Ein dichtes Meer aus schneeweißen Wolken unter uns, ragen die Vulkane der Umgebung in Richtung des hellblauen Himmels. Im Gänsemarsch bezwingt unsere siebenköpfige Gruppe plus zwei Guides insgesamt über 1400 Höhenmeter. Ab der Hälfte begeben wir uns auf Gletschereis. Auch wenn wir mit Eispickeln ausgerüstet sind, kommt nicht nur einmal die Frage in den Kopf, was man hier eigentlich gerade macht. Rutscht man ab, rast man als menschliche Lawine in Richtung Tal. Hochkonzentriert setzt man Schritt für Schritt in vermeintliche Stufen. Kurz vor der Spitze deponieren wir unsere Rucksäcke und ziehen unsere Schutzkleidung an. Nach einem weiteren Steilstück erreichen wir nach fünf Stunden Bergsteigen den Krater. Aufgrund des starken Windes ist unser Aufenthalt auf zwei Minuten begrenzt. Der Schwefeldampf brennt in den Lungen. Zurück beim Equipment-Lager treffen wir Peter & Sanne, die bereits in Rio und Puerto Natales unseren Weg kreuzten.

Nun beginnt der spaßige Teil. Für den Abstieg schnallen wir uns windelähnliche Matten um die Ärsche, auf dem Hosenboden rutschen wir in Eiskanälen herab. Die als Bremsen gedachten Eispickel besitzen ein nicht zu verachtenden Verletzungspotenzial, die ein oder andere Bodenwelle lässt einen auf der rasanten Abfahrt abheben. Unverletzt, aber schmutzig und durchnässt erreichen wir den Ausgangspunkt. Eine beeindruckende Tour, die sich wirklich lohnt. Zurück in Pucon belohnen wir uns mit Schokoballen und Bier.

Abends nimmt das Unheil seinen Lauf: Wir sitzen gemeinsam mit den Schweizern & Franzosen im Wohnzimmer und hören irgendwann ein Klacken. Reto steht auf und guckt bei unseren gegenüberliegenden Zimmern nach. Wir denken, ihre Tür sei vom Wind aufgeflogen. Als wir gegen Mitternacht Richtung Bett verschwinden wollen, findet Vera ihren Hip-Bag nicht. Wir denken zuerst, er sei irgendwo unter Rucksäcken, Handtüchern, etc. aber auch mehrmaliges Suchen lässt ihn nicht auftauchen. Dann schaut auch Henning nach seinem, ebenfalls weg…. große Verwirrung!!!! WEIL: Niemand kann in den Zimmern gewesen sein, da wir alle sechs den ganzen Abend zusammen saßen und jemand an uns hätte vorbei kommen müssen, um in die Zimmer zu gelangen.
Beim Gang vor die Tür bemerken wir einen Stuhl, der vorher im Garten stand, vor unserem Fenster. Fußabdrücke drauf. Das (und auch alle anderen) Fenster ist fest vergittert. Der/Die Täter haben also das oberer Fensterdrittel aufgeschoben (wahrscheinlich das Geräusch!) und dann mit irgendeinem Werkzeug (die Hip-Bags lagen ca. 1,5m oder sogar noch weiter vom Fenster entfernt) sich das für sie am wertvollsten erscheinende gegrabscht und dann die Biege gemacht. Hennings Hipbag liegt 1m entfernt vom Fenster geöffnet, die für die Täter wertlosen Sachen (unter anderem Maskottchen Hugo Koala) darum verstreut. Veras Tasche finden wir 15m weiter entfernt in einer hinteren Ecke des Gartens (Fluchtweg Richtung Mauer), auch hier lagen die für die Leute unwichtigen Sachen auf dem Boden. Traurige Bilanz: Es fehlen unsere 5 Jahre alte Canon, Veras Handy (=unser. Wecker) und das Restgeld unserer letzten Abhebung (ca. 40 Euro).
Am nächsten Morgen rufen wir zusammen mit der verärgerten/peinlich berührten Hostelmama die Polizei. Die verspricht, bei den üblichen Verdächtigen von Pucon nachzuforschen, uns ist klar, dass die Chancen auf Fund minimal sind. Wir werden in ein anderes Doppelzimmer im Haupthaus verfrachtet und kriegen eine Nacht spendiert. Wir nehmen es verhältnismäßig gefasst auf, da Pässe, Kreditkarten, und alles wichtige noch da sind. Beinahe jeder Backpacker, den man unterwegs trifft, hat eine ähnliche Geschichte zu erzählen. Wir hoffen, dass unser Pech damit ausgereizt ist und vergammeln den Tag mit Reto & Lisa im Hostelgarten. Abends organisieren wir uns die 18-Stunden-Nachtfahrt zurück nach Argentinien (Mendoza) für den nächsten Tag.

Wir geben unsere Sachen in die persönliche Obhut der Hostelmama und packen unsere Badesachen ein. Der local bus bringt uns zu den Termas Los Pozones. Malerisch gelegen, relaxen wir dort die nächsten Stunden in zahlreichen Natursteinbecken, die temperaturtechnisch von angenehm warm bis zum Hummertopf reichen. Zur Abkühlung wagen wir uns in den nebenher fließenden, eiskalten Fluss. Trotz des Diebstahls verbleibt das charmante Pucon in sehr guter Erinnerung .